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Gemeindehaus & Parteihaus der NSDAP

OBJ-Dok-nr.: 00003914




Stadt:
Bremen
Bezirk:
Ost
Stadtteil:
Oberneuland
Ortsteil:
Oberneuland
Straße:
Oberneulander Landstraße 32
Denkmaltyp:
Gemeindehaus & Parteihaus
Eintragung:
2022
Listentext:
Oberneulander Landstraße 32, Gemeindehaus Oberneuland, 1937-1938 von Arthur Bothe (2022)
Baugeschichte:
1937-04: Entwurfszeichnungen von Bothe und erste Bauerlaubnis, Baubeginn erst 1938°
1937-04-16: Bauantrag°
1937-05: Direktor (Wilhelm) Scholvin entscheidet, dass das Bauvorhaben hinsichtlich der Bausumme nicht unter die Beschränkung des Vierjahresplans fällt, weil es sich um ein öffentliches Gebäude handelt.°
1937-05-29: Bothe erhält die Bauerlaubnis°
1938-11-03: Schlussabnahme "Gemeindehaus mit 2 Wohnungen und Herstellung einer Brücke"°
1957-12: An- und Umbau des Wirtschaftsflügels (Toiletten, Waschraum, Waschküche, Küche, Speisekammer) durch das Hochbauamt. Eigentümer: Stadtgemeinde Bremen für die dortige Kindertagesstätte°
1959-06: Schlußabnahme
Kurzbeschreibung:
In den Jahren 1937 - 1938 errichtete der Bremer Architekt Arthur Bothe (1891 - 1981) auf Gemeindeland an der Oberneulander Landstraße 32 ein Gemeindehaus mit zwei Wohnungen für die Gemeinde Oberneuland-Rockwinkel. Der Bauplatz auf dem Gemeindegrundstück grenzte an weitere, ältere Gemeindebauten an der Mühlenfeldstraße, darunter das Gemeindehaus von 1927, die Feuerwache und die Turnhalle sowie zur Gemeindeschule an der Rockwinkeler Heerstraße.°
Schon in den Entwurfszeichnungen war zu erkennen, dass Parteiorgane der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) das Gebäude nutzen wollten: Im Erdgeschoss waren vorgesehen beiderseits der Eingangshalle Räumlichkeiten für das Winterhilfswerk, die Deutsche Arbeitsfront und die Geschäftsstelle der NSDAP sowie im eingeschossigen Nebengebäude für die Sturmabteilung (SA) der NSDAP. Außerdem stand ein annähernd 90 m² großer Versammlungsraum (heute geteilt) zur Verfügung. Deshalb war die gebräuchliche Benennung als "Parteihaus" der Nationalsozialisten folgerichtig. Die Wohnungen im Obergeschoss bewohnten der Gemeinde-Angestellte Heinrich Behrens und der Polizeimeister Georg Metscher.°
Arthur Bothe orientierte sich an der konservativen Architekturströmung der "Stuttgarter Schule". Schon seine ersten Werke, insbesondere sein eigenes Wohnhaus in der Riensberger Straße 45 (eingetragenes Denkmal seit 1996) aus dem Jahr 1929, zeigten schon diesen Einfluss süddeutscher, bodenständiger Architektur. Die mit Putz geschlämmten Flächen des Mauerwerks wurden besonders in ländlicher Umgebung als angemessen betrachtet und unterstrichen die handwerkliche Ausführung. Das Idealbild dieser Architektur war Goethes Gartenhaus in Weimar wegen seiner Einfachheit und zugleich der wohlproportionierten Verteilung von Wandflächen und Öffnungen. Während des Nationalsozialismus erlebte die Architektur der Stuttgarter Schule im Wohnungsbau eine Blüte.°
Durch die Verpflichtung des Bauherrn, bei Errichtung öffentlicher Bauten einen bestimmten Prozentsatz der Bausumme für "Kunst am Bau" zu verwenden, ist etwas zeittypisches, nur während der Regierung der Nationalsozialisten denkbares entstanden. Es handelt sich um eine Art Widmung an die nationalsozialistische Idee und die Propaganda der Reden des Reichskanzlers Adolf Hitler: Am Haupteingang, der von einem hölzernen Ständerwerk eingefasst wird, ist im Sturz der Satz "Wahrer Sozialismus ist härteste Pflichterfüllung" hineingeschnitzt. Dieser Sinnspruch bezieht sich direkt auf den mehrfach in anderem Zusammenhang verwendeten Propaganda-Spruch Adolf Hitlers: "Der wahre Sozialismus aber ist die Lehre von der härtesten Pflichterfüllung". Geschnitzte Eichenblätter in den seitlichen Ständern unterstreichen diesen Ausspruch.°
Das Gemeindehaus Oberneuland hat 1945 im Zuge der radikalen politischen Veränderung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg seine Bestimmung als "Parteihaus" verloren. Als öffentliches Gebäude zogen hier der Polizeiposten Oberneuland und ein Kindertagesheim ein. Erst 1963 zog die Polizei in eine neue Wache und das Kindertagesheim hatte alle Räume im Erdgeschoss zur Verfügung. Der Ausbau der Wohnungen im Obergeschoss für die Kinderbetreuung datiert aus den 1990/2000er Jahren und ist rücksichtsvoll gegenüber der überkommenen Inneneinrichtung ausgeführt.
Epoche:
Zwischenkrieg
Art Dat.:
Herstellung
  Num.-Dat.:
1937-1938
Objekt @ Künstler:
Entwurf
  Architekt/Künstler:
Bothe, Arthur
  Funktion:
Architekt
Sozietät:
Bauherr
  Sozietät Name:
Gemeinde Oberneuland-Rockwinkel
Quelle:
Bauakte
  Stelle:
BO Bremen
  Herkunft:
BO Bremen
Lit.-Kurztitel:
N.N.: Arbeiten des Architekten Bothe, Bremen =°
Deutsche Bauzeitung 74 (1940)
  Stelle:
Kunstdruckteil, S. K117-K120