Ortsteil:
Bahnhofsvorstadt
Straße:
Breitenweg 29 & 31 & 33
Beim Handelsmuseum & Bürgermeister-Smidt-Straße
Denkmaltyp:
Börse & Geschäftshaus
Listentext:
Breitenweg 29/33, Fruchthof, 1954-1955 von Wortmann & Schott (2016)°
Bürgermeister-Smidt-Straße
Kurzbeschreibung:
Der Fruchthof veranschaulicht die wichtige Rolle Bremens in der Geschichte des deutschen Südfrüchte-Imports und ist zugleich ein Zeugnis der modernen Industrie- und Verwaltungsarchitektur im Bremen der Nachkriegszeit.°
Die Idee zur Gründung eines Großmarktes mit Fruchtauktionen als schlagkräftiges Handelsinstrument nach englischem und Hamburger Vorbild hatte der Bremer Kaufmann Gustav Scipio seit 1900 hartnäckig verfolgt und zusammen mit 59 Gesellschaftern 1902 die Fruchthandel Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet. Der erste, 1908 errichtete Firmensitz am Breitenweg erhielt den bis heute gebräuchlichen Namen "Fruchthof". Das heutige, 1954-1955 errichtete Gebäude entstand erst nach den Zerstörungen und dem wirtschaftlichen Einbruch des II. Weltkriegs und ist damit auch ein Symbol des Neubeginns des Bremer Südfruchtimports in der Bundesrepublik.°
Der Entwurf des Neubaus geht zurück auf die in einer Bürogemeinschaft zusammengeschlossenen Architekten Wilhelm Wortmann und Erik Schott. Die erste Nachkriegsplanung für den neuen Fruchthof sah zunächst einen neuen Standort längs zur Bürgermeister-Smidt-Straße/Ecke Breitenweg vor. Das dort von der Bauverwaltung zugestandene Volumen war aber nicht hinreichend, sodass man auf dem bisherigen Firmengelände am Breitenweg nunmehr einen 110 m langen, aber relativ schmalen, riegelartigen und flach gedeckten viergeschossigen Neubau mit zwei symmetrischen Treppenhaustürmen und mittig angeordneten Erschließungsgängen auf den Geschossebenen, mit Büro-, Auktions- und Lageräumen, plante. Das Volumen des langgestreckten Neubaus verdeutlichte den Umfang und die Bedeutung des Südfruchthandels in Bremen.°
Der Bau wurde als Stahlbetonskelettkonstruktion mit Verblendung aus hellem Obernkirchener Sandstein errichtet. Die Brüstungsfelder der filigran geteilten vierbahnigen Metallfenster wurden mit einem ocker-orangefarbigen Keramikmaterial gefliest, das mit seinem Farbspiel zur Belebung der Fassaden beiträgt. Wesentliche Gliederungselemente sind die beiden um ein Geschoss erhöhten und im Vergleich zu den Fensterachsen um zwei Fensterbahnen verbreiterten Treppenhaustürme. Von den Normalachsen unterscheiden sie sich zudem durch ihre in voller Höhe des Baukörpers durchlaufenden vertikalen Profile zwischen den Fensterbahnen und durch die Verkleidung ihrer Brüstungszone mit dunklen Metallplatten. Im Inneren weisen sie repräsentative Treppenhäuser mit spiralförmig aufsteigenden Treppen und aufwendiger kunsthandwerklicher Gestaltung (stilisierte Ananasfrüchte aus Messing an den Antrittspfosten) auf. Ursprünglich war einer der beiden Treppenhaustürme mit zwei herkömmlichen Aufzügen, der andere mit einem - 1979 als defekt demontierten - Paternoster bestückt. Über den Eingängen ragen dünne Flugdächer schräg und sich in der Dachstärke nach oben verjüngend in die Höhe. Sie geben dem sonst eher etwas verhalten modernen Bau einen dramatischeren, modischen zeittypischen Akzent. An der Bürgermeister-Smidt-Straße verleiht ein schräg ansteigendes Sandsteinreliefband mit Fruchtumschlagsthematik nach Entwurf des Bremer Bildhauers Paul Halbhuber dieser Schmalseite einen wesentlichen Akzent.°
Im Inneren haben sich von Raumfolge der Direktionsetage noch schöne Einrichtungsdetails der Erbauungszeit erhalten, die ehemals über zwei Stockwerke reichenden Auktionssäle sind heute jedoch allenfalls zu erahnen. Von dem kleineren Auktionssaal, ursprünglich für Obst und Gemüse konzipiert, blieb nach Funktionsaufgabe und Umbau sowie dem damit verbundenen Einziehen einer Zwischendecke immerhin im Keller der Ansatz der Sitzstufen für das Auktionspublikum erhalten. Am Außenbau ist trotz der Fenstererneuerung und dem Einziehen einer Zwischendecke der ehemals zweigeschossige große Auktionssaal für Südfrüchte östlich des östlichen Treppenturmes noch an der abweichend über zwei Geschosse laufenden Fassadengliederung zu erkennen, der 1981/82 als Raumgebilde komplett verschwand, indem er zu einem Tanzschul- und Diskothekbetrieb umgebaut wurde.
Objekt @ Künstler:
Entwurf
Architekt/Künstler:
Halbhuber, Paul
Kommentar:
Bronzeplastik "Der Trinker" in der Eingangstür zum Ratskeller
Objekt @ Künstler:
Entwurf
Architekt/Künstler:
Wortmann, Wilhelm & Schott, Erik
Lit.-Kurztitel:
Bremen und seine Bauten 1950-1979, 2014
Lit.-Kurztitel:
Harmssen, Henning: Bremen so wie es war, Düsseldorf 1974
Lit.-Kurztitel:
Niehoff, Lydia und Bernd-Artin Wessels: 1902-2002 Scipio-Atlanta-Gruppe, Bremen 2002
Lit.-Kurztitel:
Wortmann, Wilhelm: Bremer Baumeister des 19. und 20. Jahrhunderts, Bremen 1988Flugdächer und Weserziegel, 1990