Sie sind hier:

Altersheim,Villa,Wohnhaus (Bremen Gröpelinger Heerstraße 167, Morgenlandstraße)

OBJ-Dok-nr.: 00001922




Stadt:
Bremen
Bezirk:
West
Stadtteil:
Gröpelingen
Ortsteil:
Gröpelingen
Straße:
Gröpelinger Heerstraße 167
Morgenlandstraße
Denkmaltyp:
Altersheim & Villa & Wohnhaus
Listentext:
Gröpelinger Heerstraße 167, Villa Lamcken, 1903-1904 von D.B. Reiners (2023)°
Morgenlandstraße
Kurzbeschreibung:
Auf einem Eckgrundstück an der Kreuzung Gröpelinger Heerstraße/Morgenlandstraße ließ der durch Landverkauf zu Wohlstand gekommene Landwirt Claus Lamcken (1859 - 1917) von 1903 bis 1904 eine repräsentative Villa für sich und seine Familie errichten. Sie ist eines der letzten Zeugnisse der Villenkultur, die sich im 19. Jahrhundert im ehemals landwirtschaftlich geprägten Gröpelingen entwickelte, bis der Bau der Hafenanlagen ab 1888 und der damit verbundenen Errichtung von hafengebundenen Industrien und Arbeitersiedlungen zu einer Verstädterung führte. Im Jahr 1925 ging die Villa in den Besitz der jüdischen Gemeinde über, die dort ein jüdisches Altersheim einrichtete. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten folgten schwere, von Repressalien und Verbrechen gegen die Heimbewohner:innen geprägte Jahre. Mehrmals war die Villa Ausgangspunkt von Deportationen. Nachdem das Altersheim am 23. Juli 1942 aufgelöst worden war, bezog das 18. Polizeirevier die Räumlichkeiten der Villa.° 1946 erhielt die Israelitische Gemeinde das Gebäude zurück, sodass Überlebende aus Theresienstadt und vertriebene jüdische Menschen aus Osteuropa hier eine erste Unterkunft finden konnten. Als die Stadtgemeinde die Villa 1963 erwarb, richtete sie dort erneut eine Polizeiwache ein. 1996 ging das Gebäude in Privatbesitz über.°
Trotz der mehrfachen Nutzungswechsel hat sich die Villa vor allem im Äußeren gut in ihrem bauzeitlichen Zustand erhalten und zeugt mit ihrem stattlichen Erscheinungsbild vom starken Selbstbewusstsein des Bauherrn Claus Lamcken. Dabei ist der Charakter des Wohnhauses noch vom Historismus des 19. Jahrhunderts geprägt. Dieser kommt besonders in dem Eckturm mit Zwiebeldach, in den Krüppelwalmdächern über den Giebeln sowie in dem mit Fachwerk ausgestaltetem Giebelfeld zum Ausdruck. Die beiden Schauseiten des zweigeschossigen Eckhauses sind mit weiß glasierten Klinkern versehen; darin eingesetzte Klinker mit grüner Glasur fügen sich zu dekorativen Mustern zusammen. Der an der Morgenlandstraße erhalten gebliebene schmiedeeiserne Gitterzaun auf gemauertem Sockel veranschaulicht noch die einstige Dimension des großen Villengartens, der heute zum Teil bebaut ist.°
Der Denkmalwert dieser Villa lässt sich geschichtlich, ortsgeschichtlich und städtebaulich begründen. Sie ist ein anschauliches Beispiel für die Villenkultur und die Wohnverhältnisse einer wohlhabenden Landwirtfamilie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Überdies ist das Gebäude durch seine ehemalige Nutzung als jüdisches Altersheim ein wichtiger Erinnerungsort sowohl für die jüdische Geschichte in Bremen als auch für die hier verübten nationalsozialistischen Gräueltaten. Als einzige historische Villa in der näheren Umgebung besitz sie ein Alleinstellungsmerkmal und wertet das heute vornehmlich aus Nachkriegsarchitektur bestehende Ortsbild in besonderem Maße auf. Daraus sowie aus der auf Repräsentation ausgelegten, anspruchsvollen Gestaltungsweise ergibt sich die städtebauliche Bedeutung dieser Privatvilla.
Epoche:
Jahrhundertwende
Art Dat.:
Herstellung
  Num.-Dat.:
1903-1904
Objekt @ Künstler:
Entwurf
  Architekt/Künstler:
Reiners, D.B.
  Funktion:
Architekt
Quelle:
Nacherfassung Schümmer
Lit.-Kurztitel:
Denkmaltopographie Gröpelingen 1982
  Stelle:
59
Lit.-Kurztitel:
Nitsche-Gleim, Christine, Das jüdische Altersheim in Gröpelingen =°
Christoffersen, Peter; Johr, Barbara (Hg.): Stolpersteine in Bremen. Biografische Spurensuche. Findorff/Walle/Gröpelingen, Bremen 2019
  Stelle:
26-41
Lit.-Kurztitel:
Schwarzwälder, Herbert: Jüdisches Altersheim =°
Schwarzwälder, Herbert: Das Große Bremen-Lexikon, 2. Aufl., Bremen 2003
  Stelle:
444