Sie sind hier:
  • Denkmalpreis
  • Verleihung des fünften Bremer Denkmalpflegepreises 2022

Fünfter Bremer Denkmalpflegepreis im Rathaus verliehen

Die glücklichen Preisträgerinnen und Preisträger

Im feierlichen Rahmen wurde am Donnerstag, 17. November 2022, in der Oberen Rathaushalle zum fünften Mal der Bremer Denkmalpflegepreis verliehen. Insgesamt konnten sich 11 Persönlichkeiten und Personengruppen über sechs Preise und fünf besondere Anerkennungen in vier Kategorien freuen, wovon ein Preisträger mit dem Sonderpreis des Medienpartners WESER-KURIER ausgezeichnet wurde.

Mit dem Bremer Denkmalpflegepreis, der alle drei Jahre vergeben wird, werden das weit über-durchschnittliche Engagement und besondere Leistungen zur Erhaltung und Pflege von Baudenkmälern in Bremen und Bremerhaven gewürdigt.

Bürgermeister und Schirmherr Dr. Andreas Bovenschulte

"Der Bremer Denkmalpflegepreis würdigt und prämiert eine Form des überdurchschnittlichen Einsatzes am Bau und für den Bau, die keineswegs selbstverständlich ist. Die Auszeichnung zeigt somit, welche großen Herausforderungen Eigentümer, Architekten, Handwerksbetriebe und ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger bewältigen müssen, wenn sie Baudenkmäler schützen und restaurieren, um Geschichte und deren architektonischen Spuren zu bewahren. Dabei sind individuelle Lösungsansätze gefragt, frische und findige Ideen. Hoher persönlicher Einsatz sowieso", lobte Bürgermeister und Schirmherr Dr. Andreas Bovenschulte.

Uwe A. Nullmeyer, der 1. Vorsitzende der Aufbaugemeinschaft

Der 1. Vorsitzende der Aufbaugemeinschaft, Uwe A. Nullmeyer, unterstrich in seinem Grußwort die Wichtigkeit des Denkmalpflegepreises: "Der Denkmalschutz erhält mit dem Denkmalpflegepreis eine noch größere und nachhaltigere Bedeutung in Bremen, was sich im Stadtbild unserer beiden Städte eindrucksvoll zeigt, zu ihrer Identität beiträgt, Besucher von nah und fern anzieht, und die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Bekenntnis zu ihrer Stadt stärkt."

Der Preis hat zwischenzeitlich auch über Bremen und Deutschland hinaus Anerkennung gefunden. 2019 nahm der Europarat den Bremer Denkmalpflegepreis im Rahmen der European Heritage Strategy für das 21. Jahrhundert in "The Golden Collection of Good Practices" (Goldene Sammlung bewährter Verfahren) auf. Damit wird die Bedeutung des europäischen Kulturerbes hervorgehoben und verschiedene Wege aufgezeigt, es für die Zukunft zu bewahren. Dies ist eine herausfordernde Aufgabe – gerade in einer schwierigen Zeit.

In ihrer Rede appellierte die Vorsitzende der siebenköpfigen Jury, Dr. Andrea Pufke, Landeskonservatorin des Rheinlands, an die Politik sowie die öffentliche Hand als Denkmaleigentümerin: "Sorgen Sie für angemessene Rahmenbedingungen für den Denkmalschutz. Und: Besonders auf Ihre Vorbildwirkung kommt es an! Denkmalschutz und Denkmalpflege sind gesamtgesellschaftliche Kulturleistungen. Und Denkmalschutz und Denkmalpflege sind angewandter Klimaschutz. In Zeiten, in denen wir mit einem verstärkten Blick auf Einsparpotentiale schauen müssen, ist die Erhaltung und Nutzung von Denkmälern nachhaltig und zukunftssicher."

Vergeben wird der Preis vom Landesamt für Denkmalpflege und der Aufbaugemeinschaft Bremen e.V. in Kooperation mit der Architektenkammer, der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven und der Handwerkskammer Bremen gemeinsam mit dem Medienpartner WESER-KURIER.

In seiner Laudatio stellte Landeskonservator Professor Dr. Georg Skalecki die einzelnen Preisträgerinnen und Preisträger vor und dankte allen, die sich für den Erhalt und die Pflege der bremischen Denkmäler einsetzen. Anschließend überreichte er gemeinsam mit Herrn Bürgermeister Bovenschulte und Herrn Nullmeyer die Preise und Anerkennungen:

DIE PREISTRÄGER:INNEN
DAS PREISGELD
DER SONDERPREIS
DIE ANERKENNUNGEN
DIE JURY
BILDERGALERIE

Die Preisträgerinnen und Preisträger

oben: Orangerie, unten: Mit der Musterachse wurde festgestellt, dass die Festsetzung von unteren Öffnungen ein Fehler war

In der Kategorie I – Architekten und Ingenieurbüros – erhielt das Architekturbüro Strauss Fischer Historische Bauwerke GbR den Denkmalpflegepreis für das erarbeitete Instandsetzungskonzept für die Orangerie in Hasses Park. Das Ergebnis zeigt eine fundierte denkmalpflegerische Arbeit, die mit dem Bremer Denkmalpflegepreis zu würdigen ist.
Für die restauratorische Instandsetzung des Glashausteils der Orangerie und für die Reparatur der Schrägverglasungen wurden Musterachsen zur Erprobung der restauratorischen Prinzipien und zur Wiederherstellung der bauzeitlichen Lüftungsführung angelegt.
Dabei wurde die planerische Leistung durch Strauss Fischer Historische Bauwerke GbR mit einer aufwendigen Voruntersuchung ausgeführt. Von der Erstellung und Betreuung der Musterfläche, also von der Herangehensweise und von der Planung her, war es ein komplexes Unterfangen.
Herr Skalecki betonte, es handele sich hier um klassische Denkmalpflege. Es gehe um akribisches Untersuchen der Substanz, so wie man sie vorfinde. Dazu zählten auch die Auseinandersetzung mit der Baugeschichte der Orangerie und die Entwicklung eines Konzeptes, wie man den Zustand verbessern und sanieren kann.

In der Kategorie II – Handwerksbetriebe – wurde die Tischlerei Jürgen Zimmermann für die Restaurierung und den authentischen Nachbau historischer Türen und Fenster im früheren Bahnhof Bremen-Blumenthal mit dem Bremer Denkmalpflegepreis ausgezeichnet.
Langer Leerstand und mangelnde Pflege führten dazu, dass der 1888 errichtete Bahnhof in einen maroden Zustand geriet. Die Tischlerei Zimmermann restaurierte die historischen Fenster und Türen, gleichzeitig dienten sie als Vorbild für den detailgetreuen Nachbau von Fenstern, die nicht mehr restauriert werden konnten. Das Engagement der Tischlerei Jürgen Zimmermann, insbesondere in der Person des jungen Gesellen Torge Fligge war beispielhaft. Dabei wurden u.a. alle Fenster und Türen aufgearbeitet und auch nach historischem Vorbild nachgebaut. Bei der Arbeit der Tischlerei Jürgen Zimmermann handelt es sich um solidestes Handwerk in der Denkmalpflege.

In der Kategorie III – öffentliche und private Bauherren – wurde die GEWOBA AG Wohnen und Bauen für ihre umfangreiche energetische Sanierung der Fassade des Aalto-Hochhauses mit dem Bremer Denkmalpflegepreis prämiert. Dabei galt es im Besonderen den ungewöhnlich hohen Einsatz der Baustellenleiterin und GEWOBA-Mitarbeiterin, Frau Nurdan Gülbas, zu würdigen. 2021 wurde das nach den Plänen des finnischen Architekten Alvar Aalto errichtete Hochhaus (1959-62) energetisch saniert. Herabfallende Fassadenplatten, energetische und Brandschutzanfor- derungen machten eine umfassende Instandsetzung erforderlich. Bei der Planung und Umsetzung des Sanierungskonzeptes ging die GEWOBA besonders behutsam mit der Originalsubstanz um und war stets darauf bedacht, denkmalgerechte Lösungen zu finden. Besonders erwähnenswert sind die aufwändigen Vorbereitungen (Archivrecherche, restauratorische Untersuchungen, Musterrestaurierungen).

Die umgenutzte frühere Tabakfabrik der Martin Brinkmann AG

Ebenfalls in der Kategorie III – bedachte die Jury des Weiteren Justus Grosse Immobilien mit dem Bremer Denkmalpflegepreis für die vorbildliche und vielversprechende Revitalisierung der zum Denkmalensemble gehörenden Bauwerke der ehem. Tabakfabrik Martin Brinkmann AG in Woltmershausen.
Das auf mehrere Jahre angelegte Revitalisierungsprojekt zeichnet sich u.a. durch seine behutsame Umnutzung und die Öffnung zum Stadtteil Woltmershaus hin aus. Die Umnutzung des ehemaligen Kesselhauses im Herzen der ehem. Tabakfabrik zur Heizwerk-Eventfläche oder die neue Nutzung der Halle 1 als Konzertsaal der Bremer Philharmoniker unterstreichen unter Erhalt von Spuren, Gegenständen und Material, um die vorherige Nutzung erlebbar zu machen, den sensiblen Umgang des Bauherrn, des Architekturbüros Hilmes und Lamprecht sowie der Hand-werksfirmen mit der historischen Bausubstanz und der Geschichte des Ortes. Das Gesamtkunstwerk gehört Architekten, Bauherren und Handwerkern, sie haben über Jahre ein sehr funktionierendes System für eine erfolgreiche Zusammenarbeit entwickelt.

Auszeichnung mit Preisgeld

Der Denkmalpflegepreis mit einem Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro in der Kategorie IV – ehrenamtlich Tätige (Vereine, Einrichtungen und Einzelpersonen) – ging an den Bürgerparkverein e.V. Mit dem Preis würdigte die Jury die über viele Jahrzehnte fortwährende Pflege und den Erhalt des Bremer Bürgerparks. Ein bewundernswertes Engagement, das einen Preis verdiene, erklärt der Laudator.
Der Bremer Bürgerpark entstand ab 1866 als öffentlicher Stadtpark auf Initiative eines privaten Vereins, der sich aus Bürgerinnen und Bürgern zusammensetzt, die sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen. Die Anlage geht auf Entwürfe des Gartengestalters und langjährigen Parkdirektors Wilhelm Benque (1814-1895) zurück, dessen Handschrift ihn bis heute prägt. Der Bürgerpark steht seit 1984 unter Denkmalschutz.

Der Sonderpreis

Mit dem Sonderpreis, gestiftet vom WESER-KURIER, in Höhe von 2.500 Euro, wurde der junge Tischlergeselle Torge Fligge aus der Tischlerei Jürgen Zimmermann ausgezeichnet. Die Jury würdigte damit die von ihm handwerklich vorzüglich aufgearbeiteten sowie die von ihm ebenfalls in bester Qualität nach historischem Vorbild nachgebauten Fenster und Türen im ehemaligen Bahnhof Bremen-Blumenthal von 1888. Das großartige Engagement des jungen Tischlergesellen ist vorbildlich. Darüber hinaus ist diese Auszeichnung eine Würdigung für eine Ausbildung im Handwerk und soll junge Menschen dafür motivieren.

Fünf Anerkennungen in vier Kategorien

Haus der Bürgerschaft – Bei der Sanierung wurden individuelle Lösungen erarbeitet, die den Originalzustand des Bauwerks erhalten

Eine besondere Anerkennung in der Kategorie I – Architekten – bekam die Arbeitsgemeinschaft Architekturbüro Schulze Pampus Architekten BDA + Campe Janda Architekten BDA für die erfolgreiche Erneuerung der Elektro-, Klima- und IT-Technik sowie des Brandschutzes im Haus der Bürgerschaft, ein Parlamentsbau der klassischen Moderne nach Plänen von Wassili Luckhardt von 1961-1966 errichtet.
Bei der gesamten Erneuerung der Technik von Elektro, Klima, IT und Brandschutz handelt es sich um eine komplexe und herausfordernde Leistung. Dabei wurden zum Teil erhebliche Eingriffe in die Substanz nötig, die jedoch mit größter Sorgfalt nach ursprünglichem Bild wiederhergestellt wurde. Auch wurden spezielle Sonderlösungen für den Brandschutz erarbeitet, die auch unter Hinzuziehung eines externen Brandschutzgutachters entstanden. Die Eingriffe sind im Ergebnis nicht zu erkennen, was sehr positiv zu bewerten ist.

Restaurator Götz erklärt der Jury die ausgeführte Konservierung und Restaurierung an der Wandmalerei

In der Kategorie II – Handwerksbetriebe – ging eine besondere Anerkennung an den Dipl.-Restaurator Marko Götz für die handwerklich hervorragend ausgeführte Konservierung und Restaurierung der Schrifttafel der Wandmalerei "Die Gründung Bremens" von 1532 in der Oberen Rathaushalle. Aufgrund der professionellen Herangehensweise sind die Lesbarkeit und das ästhetische Gesamtbild nun deutlich verbessert. Der Restaurator hatte durch zahlreiche ältere Fehlbehandlungen (1929 und 1949) ein schadhaftes Wandbild zu begutachten und anschließen zu restaurieren. Er schloss die Fehlstellen in der Malschicht, unterfütterte aufstehende Malschichtschollen und stabilisierte sie. Die restauratischen Maßnahmen haben vor allem erreicht, den Grundton zu beruhigen und die Schrift klarer hervorzuheben.

Über eine besondere Anerkennung in der Kategorie III – Bauherren – konnte sich die bremenports GmbH & Co. KG für das Sondervermögen Hafen freuen. Die Anerkennung wurde ihr zuteil für die Pflege, den Erhalt und die beispielhafte Sanierung des Simon-Loschen-Leuchtturms in Bremerhaven.
Das historische Lampenhaus und ein Ausleger des Simon-Loschen-Leuchtturmes (1853) wurde von 2021 bis 2022 restauriert und instandgesetzt. Der Leuchtturm ist der älteste noch in Betrieb befindliche Festland-Leuchtturm an der Deutschen Bucht. Er ist durch seine Lage ständig teils extremen Witterungseinflüssen ausgesetzt. Infolgedessen waren das historische Lampenhaus sowie der Ausleger teilweise stark korrodiert.
Hinsichtlich des Engagements für den Erhalt des Lampenhauses erkennt die Jury lobend an, dass der Bauherr, der neben der Neufassung der historischen Bauteile nach Befund auch kleine Details wie Nietenköpfe nachbilden ließ.

Ebenfalls in der Kategorie III – honorierte die Jury das Engagement von Frau Viviane Flügge-Stegemann. Mit sehr viel Geduld gelang es ihr geeignete Firmen zu finden, die die fachgerechte Sanierung und Neuverglasung ihres Wintergartens, in der Östlichen Vorstadt, vornahmen und in den bauzeitlichen Zustand zurückführten.
Die Baumaßnahme dauerte insgesamt anderthalb Jahre. Zu Beginn gestaltete sich die Suche nach geeigneten Firmen sehr schwierig. Als diese erste Herausforderung gemeistert war, brachte Frau Flügge-Stegemann erneut Engagement und viel Geduld auf, um drei Gewerke vor Ort zu koordinieren. Durch eine enge Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege, das die fachgerechte Sanierung durch eine Zuwendung unterstützte, konnte der Wintergarten erhalten bleiben. Er hat Vorbildcharakter für das gesamte Ensemble.

In der Kategorie IV – Vereine, ehrenamtlich tätige Personen – würdigte die Jury mit einer besonderen Anerkennung das umfangreiche und langanhaltende Engagement von Herrn Horst Massmann in der Denkmalvermittlung. Die Vermittlung der Geschichte des Osterholzer Friedhofs und der Egestorff-Stiftung sind nur zwei Beispiele der zahlreichen denkmalgeschützten Objekte, deren Geschichte er für die Zukunft bewahren möchte.
Horst Massmann sagte über sein ehrenamtliches Engagement in der Denkmalvermittlung, dass die Geschichte und welche Bedeutung der denkmalgeschützte Osterholzer Friedhof habe, nur wenigen Bürgerinnen und Bürgern bekannt sei. Der Friedhof wurde in der Feldmark Osterholz zwischen 1910 und 1925 nach Entwurf der Berliner Architekten Franz Seeck und Paul Freye angelegt. Die Bedeutung als zentraler Ort in Bremen für Tausende Kriegstote gelte es zu vermitteln. Es gehe ihm ferner darum, „Dinge für die Nachwelt festzuhalten, Menschen zu begeistern und mitzunehmen".

Die Jurymitglieder

Der Jury gehörten an: Dr. Andrea Pufke, Juryvorsitzende, Landeskonservatorin, Amt für Denk-malpflege im Rheinland; Professor Dr. Georg Skalecki, Landeskonservator, Landesamt für Denkmalpflege Bremen; Jan Heitkötter, Referent der Handwerkskammer Bremen; Sylvia Meyer-Baumgartner, Geschäftsführerin der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremer-haven; Uwe A. Nullmeyer, 1. Vorsitzender der Aufbaugemeinschaft Bremen e.V.; Oliver Platz, Mitglied des Vorstandes der Architektenkammer Bremen; Prof. Dr. Iris Reuther, Senatsbaudirektorin.

Bildergalerie - Verleihung des Bremer Denkmalpflegepreises 2022