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Straße:
Friedrich-Ebert-Straße 73 & 75
Denkmaltyp:
Bahnhof & Empfangsgebäude & Postamt
Listentext:
Friedrich-Ebert-Straße 73/75, Bahnhof Geestemünde-Bremerhaven, 1911-1914 (2012)°
Bestandteile der Denkmalgruppe:°
- Friedrich-Ebert-Straße 73, Bahnhof Geestemünde-Bremerhaven, 1911-1914 von Ernst Moeller°
- Friedrich-Ebert-Straße 75, Kaiserliches Postamt, 1913-1914 von Schäffer
Kurzbeschreibung:
Die drei Unterweserstädte Bremerhaven, Geestemünde und Lehe waren an der Wende zum 20. Jahrhundert als ein großes städtisches Gefüge zusammengewachsen. Auch wenn bis zur politischen Vereinigung dieser Städte noch 30 Jahre vergehen sollten, so waren Erfordernisse des Verkehrswesens für alle gleichermaßen wichtig. Über die Jahre war das Problem entstanden, dass der Güterverkehr der Bahn und zunehmend auch der Personenverkehr auf Gleisanlagen mitten durch die Stadt sich als wirtschaftliches Hemmnis und öffentliches Ärgernis herausgestellt hatten. Ergebnis einer Kooperation zwischen den Unterweserstädten war die Neuorganisation des Schienennetzes und die Errichtung des neuen Personenbahnhofs Geestemünde-Bremerhaven an der Friedrich-Ebert-Straße.°
1909 ordnete der preußische Minister für Öffentliche Arbeiten die Herstellung eines zweiten Gleises auf der Strecke Geestemünde-Speckenbüttel einschließlich der Umgestaltung der Bahnanlagen in und um Geestemünde an. Die Bedienung der Hafenanlage sollte künftig über einen bei Speckenbüttel anzulegenden Rangierbahnhof erfolgen. Bisher war der Bahnhof Geestemünde in der Klußmannstraße Endstation für die Züge der zweigleisigen Hauptbahn von Bremen sowie der eingleisigen Nebenbahn von Bederkesa, Cuxhaven und Bremervörde. Einzelne Personenzüge im Sommerfahrplan wurden bis zur Lloydhalle, der Abfahrtstelle der Überseedampfer, durchgeführt. Nach der Umgestaltung sollte der alte Bahnhof Geestemünde nur noch für den Ortsgüterverkehr verwendet werden.°
Für den Personenverkehr wurde der neue Hauptbahnhof Geestemünde-Bremerhaven an der Verbindungsbahn zwischen Wulsdorf und Lehe geschaffen. Die Güter von und nach den Häfen in Bremerhaven sollten in Zukunft über die neue Strecke geleitet und im Rangierbahnhof Speckenbüttel zusammengestellt bzw. aufgelöst werden. Die neue Strecke zweigt von der Strecke Bremen-Geestemünde am Bahnhof Wulsdorf nach Norden ab, wird im Osten um den Ort Geestemünde herumgeführt und geht etwa 600 Meter vor der Geeste wieder in die Nebenbahnstrecke Geestemünde - Cuxhaven/Bederkesa über. Diese Strecke wurde bis zum Bahnhof Speckenbüttel auf einem Damm hochgelegt und zweigleisig als Hauptbahn ausgebaut.°
Die neue Strecke Wulsdorf - Bremerhaven wurde im Juli 1914 in Betrieb genommen, als der erste Zug in den Bahnhof Geestemünde-Bremerhaven einfuhr. Von den Gesamtkosten der Neu- und Umbauarbeiten in Höhe von 12,6 Mill. Mark entfielen auf den Neubau des Hauptbahnhofs mit Empfangsgebäude, Bahnhofshalle und Tunnelanlage insgesamt 1,310 Mill. Mark.°
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Die Architektur des Hauptbahnhofs ist traditionell in der Wahl des Schlossbautypus. Die Dreiflügelanlage enthielt im Mittelbau ehemals eine große, repräsentative Eingangshalle mit einer Kassenanlage. Im nördlichen Flügel befanden sich getrennt voneinander die Wartehallen für die 1/2. und 3/4. Klasse, die von einer Gastronomie versorgt wurden. Im südlichen, dreigeschossigen Flügel war die Bahnhofsverwaltung untergebracht.°
Stilistisch orientierte sich der Architekt an der Architektur des Barock, wählte ein hohes Mansarddach als Abschluss und geschoßübergreifende Wandvorlagen für die Gliederung der Fassade. Das vorherrschende Motiv sind jedoch die drei hohen Fenster der Bahnhofshalle, besonders deren flachbogige, in einem eleganten Schwung zusammengefassten Abschlussgesimse. Hier zeigt sich ein sehr freier, gleichzeitig auch sehr gekonnter Umgang mit dem Formenvokabular des Jugendstils.°
Der Bahnhof hat durch Kriegszerstörung (Dächer über der Wartehalle und dem Kopfbau nach Norden) und verschiedenen Umbaumaßnahmen stark in seiner Gesamtwirkung eingebüßt. Besonders schmerzlich sind der Verlust der Bahnsteighallen und die unvorteilhaften Umbauten in der großen Halle. Der Bahnhofs-Vorplatz war einmal als Visitenkarte für den ankommenden Reisenden der Stadt Gegenstand eines überregionalen Wettbewerbs gewesen. Der Bahnhof markierte damals die Grenze der großen Stadterweiterung Geestemündes vor dem 1. Weltkrieg. Der Hohenzollernring (heutige Friedrich-Ebert-Straße) und im weiteren Verlauf der Kaiser-Wilhelm-Platz vor dem Bahnhof sind Bestandteile eines Straßenzugs mit einem repräsentativen, beinahe großstädtischen Zug, der darauf ausgelegt war, die Straße der öffentlichen Gebäude zu werden. Die großartige Wirkung der Bahnhofsfassade ist heute durch die vorgelegte Passage und durch Baumpflanzungen der Nachkriegszeit beeinträchtigt. Doch auch anbetracht dieser abträglichen Veränderungen ist das Empfangsgebäude noch immer als ein herausragendes Bauwerk der Stadtgeschichte und zugleich ein Entwurf von hohem künstlerischen Wert.
Lit.-Kurztitel:
Bahnhofsplatz in Geestemünde (Wettbewerb) =°
Deutsche Konkurrenzen 30 (1914) 5-6
Lit.-Kurztitel:
Elling, Otto: Verkehrsanlagen der Bundesbahn =°
Bremen und seine Bauten 1900-1951, 1952
Stelle:
181-183, Abb. IV 10-13
Lit.-Kurztitel:
Gabcke, Bremerhaven in zwei Jahrhunderten, Band I, 1989